„Sexyshoppingqueen“ sucht Traumjob

Wie meistern wir „das wichtigste Marketingprojekt“ unseres Lebens? Und was ist „Jump“?

Susann Warneke (15 Jahre) aus Syke

Syke - Jetzt sitze ich hier, vor mir der Chef der Firma, die eine Stelle in meinem Traumberuf frei hat. Und plötzlich weiß ich gar nichts mehr. Warum bin ich hier? Wie soll ich mich darstellen? Bin ich wirklich geeignet für den Job? Wieso sollten die gerade mich auswählen?

Vollkommen neben mir, nervös und unsicher hocke ich aber nun mal auf diesem Stuhl und muss mich präsentieren. Der Chef fragt freundlich, ob ich gern Kekse oder ein kühles Glas Champagner haben würde. Erstaunt bejahe ich. Das Gespräch läuft angespannt und krampfig weiter, bis die typischen Fragen nach meinen Schwächen und Stärken an der Reihe sind. Da kann ich endlich punkten: „Ich hab keine Schwächen!“, antworte ich überzeugt, woraufhin mein Gesprächspartner mich schweigend mustert.

„Ja. Wie beschäftigen Sie sich in Ihrer Freizeit? Was sind Ihre Hobbys?“, ist die nächste Frage. Ich antworte: „Freunde treffen... Und ccs – chillen, chatten, shoppen.“ Das gefällt meinem Gegenüber anscheinend auch nicht so gut. So langsam wird das Vorstellungsgespräch ein Horrortrip für mich. Ich hätte es mir nie so schwer vorgestellt. Auf diverse Fragen zur aktuellen Politik und zur Firma kann ich keine Antwort geben. Und am Ende macht der Chef mich mit einem spöttischen Lächeln auf meine E-Mail-Adresse sexyshoppingqueen@web.de aufmerksam, denn er müsse mich ja benachrichtigen können, wie sich dieses „sehr aufschlussreiche“ Gespräch jetzt auf meine Zukunft auswirken soll... Der Alptraum jedes Bewerbers – ich bin froh, dass dieser Vorstellungstermin nur ein Negativbeispiel war.

Wie man’s richtig macht, lerne ich heute in der Kreissparkasse Syke beim „JUMP“-Seminar. „JUMP“ steht für „just more professionally“. Geschulte Coaches bringen Schulklassen aus dem Landkreis bei, wie man die Fallen bei einer Bewerbung umgeht und auf was man auf dem Weg zum Traumjob achten sollte. Ein intensives Bewerbungstraining, das schon seit zehn Jahren erfolgreich Schulabgänger auf ihren beruflichen Einstieg vorbereitet.

Das ungefähr vierstündige Projekt beginnt mit einer ausgedehnten Vorstellungsrunde. Jeder Schüler sagt ein paar Sätze zu sich und beantwortet die von der Dozentin Gesa Thomsen-Thiemer gestellten Fragen über Hobbys, Praktika, Zukunftspläne und Erwartungen. Die Teenager wirken offen, interessiert und neugierig, und die gesamte Zeit herrscht eine angenehme, aber trotzdem disziplinierte Atmosphäre. Die Aufgaben und Rollenspiele machen Spaß, aber ich habe auch das Gefühl, dass die Schüler tatsächlich die Chance nutzen, alle Tipps und Tricks für ihre Bewerbungen aufzusaugen.

„Ich denke, dass mir dieses Training in Zukunft helfen wird, vor allem im Bewerbungsgespräch“, meint zum Beispiel die 15-jährige Michelle Oppermann aus Schnepke. „Ich finde es sehr gut, dass man bei ,JUMP’ auch mal die typischen Fallen kennenlernt und in die Irre geführt wird.“

Nach der Vorstellungsrunde folgt Arbeit in Kleingruppen, in der die Schüler zusammen erarbeiten sollen, was an der Bewerbung allgemein wichtig ist: Äußeres Erscheinungsbild, Foto, Ordentlichkeit, persönliche Stärken klar hervorheben, Rechtschreibung, glatte, ordentliche Mappe, Lebenslauf und so weiter. Aber das ist nicht alles. Jeweils einer aus der Gruppe soll die Ergebnisse der Teamarbeit vor der gesamten Klasse vorstellen. Die Schüler müssen sich in die Mitte stellen und loslegen. Ihre Anspannung ist deutlich zu spüren, ihr Auftreten wirkt unsicher. Aber genau dafür gibt’s ja „JUMP“!

Danach müssen die restlichen Seminarteilnehmer ihre Mitschüler beurteilen, gute Aspekte rauspicken und Kritik üben. Sie geben viele positive Kommentare ab, die Kritik fällt eher schwach aus.

Bei der Auswahl, wer von den Schülern mit Gesa Thomsen-Thiemer ein fiktives Telefonat führen soll, überwiegt Schweigen und ängstliche Verlegenheit. Das so genannte „Telefonmarketing“ ist ein wichtiger Schwerpunkt des „JUMP“-Projekts.

Zitternde Hände, kalte Füße: Ein bisschen Nervosität ist im Vorstellungsgespräch ganz normal. Unsicherheit ist nichts Schlimmes. Aber wer dummdreist auftritt und schlecht vorbereitet zum Termin geht, der findet sich schnell in einem Albtraum wieder.

Beim „Telefonmarketing“ geht es darum, Pluspunkte und wichtige Informationen über die Firma zu sammeln. Außerdem müssen die Schüler einen Konzentrationstest über sich ergehen lassen, bei dem es um Schnelligkeit und Stressresistenz geht. Anschließend wird ein Ratgeber für Bewerber verteilt, in dem die Klasse verschiedene Aufgaben bearbeitet. Es geht darum, sich selber einzuschätzen, Stärken, Schwächen und die eigene Persönlichkeit zu bestimmen. Dann sollen die Jugendlichen Beispiele eines Standard-Anschreibens beurteilen: Gehört es eher auf den A-Stapel (überdurchschnittliche), B-Stapel (durchschnittliche) oder C-Stapel (unterdurchschnittliche Bewerbung)? Gesa Thomsen-Thiemer erläutert die Fehler, die mir niemals aufgefallen wären. Man lernt bei diesem Seminar wirklich was für’s Leben!

Ich habe aus dem „Jump“-Bewerbungstraining vor allem eine Erkenntnis mitgenommen: Versuch, Du selbst zu sein und lass immer etwas von Deiner eigenen Persönlichkeit mit einfließen!

„Telefonmarketing“: Was mache ich, wenn...

... der Chef versucht, mich abzuwürgen: „Senden Sie uns erst mal eine Bewerbung zu, dann sehen wir weiter.“

Du bedankst Dich für die von ihm angebotene Möglichkeit und fragst höflich und aufmerksam nach:

1.) „An wen soll ich meine Unterlagen schicken?“
2.) „Können Sie mir den Namen bitte buchstabieren?“
3.) „Bis wann sollen meine Unterlagen dort sein?“
4.) „Gibt es etwas, worauf Sie besonderen Wert legen? Etwas, das ich Ihnen zusätzlich zuschicken soll?“

... ich auf Misstrauen stoße und der zukünftige Boss sagt: „Wir haben schon öfter schlechte Erfahrungen gemacht und kein Interesse mehr an jungen Auszubildenden.“

Du zeigst Dich betroffen, aber hakst nach:

1.) „Das tut mir leid. Welche Erfahrungen haben Sie denn gemacht?“
2.) „Dürfte ich Sie im Rahmen eines freiwilligen Praktikums davon überzeugen, dass ich...?“

... ich eine Absage kassiere wie „Wir bilden nicht aus“ oder „Wir haben uns für einen Mitbewerber entschieden.“

Du solltest trotzdem noch nicht aufgeben.

1.) „Schade. Ich hätte gerne bei Ihnen gearbeitet...“
2.) „Könnten Sie mir helfen und vielleicht einen Betrieb nennen, der noch sucht?“

Nicht vergessen

  • Eselsohren und Knicke im Papier sind schlampig!
  • Ein selbstgestaltetes Deckblatt mit Zitaten, Grafikelementen, Firmenlogo oder etwas mit konkretem Bezug zur Firma vermittelt gleich einen engagierten, kreativen Eindruck.
  • Lachen erlaubt: Auf dem Bewerbungsfoto solltest Du möglichst offen, fröhlich und natürlich aussehen.
  • Vergiss nicht, auf Ehrenämter oder soziales Engagement hinzuweisen, falls vorhanden. Sowas kommt gut an.
  • Leg Kopien Deiner Praktikumsbescheinigungen bei.
  • Heb Dich von anderen ab! Versuch, eine besondere Bewerbung zu schreiben und zeig einen Teil Deiner Persönlichkeit.